Antje Schrupp veröffentlichte gerade einen Blogpost mit dem Titel „Denken geht anders, wenn man im selben Raum ist“.
Sie stellt kurz das Buch „Denken in Präsenz“ von Chiara Zamboni vor, die in ihrem Buch untersucht, „wie das Miteinander-Denken funktioniert und wie auch dieses Denken eine andere Qualität annimmt, wenn Menschen gemeinsam in einem Raum sind.“
Antje bricht dann eine Lanze für mehr „reale“ Kontakte, die unverzichtbar seien, wenn man andere Menschen kennen lernen will, und schaut ein bisschen kritisch auf „Onliner“, die im wesentlichen virtuell kommunizieren, gar von einer Welt träumen, in der wir uns „als Datenpakete begegnen“.
Dem stimme ich durchaus zu – aber will man denn immer „Menschen kennen lernen“, so als GANZE, mit allem Drum und Dran?
Austausch per Text kann das Denken beflügeln
Es stimmt, dass Beziehungen eine andere Qualität annehmen, wenn man sich „von Angesicht zu Angesicht“ (f2f) kennen lernt. Ich strebe das auch meistens an, wenn ich mit jemandem online länger und intensiver in Kontakt komme, wobei ich als in Berlin wohnende gute Karten habe: dahin reisen ja viele mal.
Andrerseits ENDET aber auch eine bestimmte Qualität mancher Beziehung mit dem „real-life-Kontakt“. Das leibhaftige Gegenüber konkretisiert sich in einer Weise, die Schluss macht mit einer Reihe unbewusster Projektionen, die den schriftlich-denkerischen Austausch durchaus beflügelt hatten.
„Virtuell“ ist ein Gegenüber, das eloquent und interessiert mit einiger Begeisterung philosophiert sozusagen „der/die GROSSE ANDERE“, in den man das Summum Bonum hinein projiziert. Verstehen und mitdenken wird einfach voraus gesetzt und nicht gestört durch irritierende Details der Mimik, Gestik und Haltung. Ob „die Chemie stimmt“ ist da noch egal, was positiv für einen tiefer gehenden Dialog ist.
Hab ich jemanden dann getroffen, ist diese „virtuelle Überschätzung“ vorbei, es zeigt sich der „ganz normale Mensch“, der mir eben sympathisch ist oder nicht. Im letzteren Fall erstirbt in der Folge auch die Kommunikation per Text – im Fall der sich bestätigenden Sympathie ersetzt dann oft das Telefon mit seiner Tendenz zum Plaudern das wohl überlegte Schreiben „intensiver“ Mails.
Ein Mann hat mir mal berichtet, dass seine Kontakte regelmäßig abbrechen, wenn ein Treffen statt gefunden hat. Der war nicht etwa hässlich oder sonstwie unausstehlich – es war nur einfach ein himmelweiter Unterschied zwischen seiner textlichen Kommunikation und der „realen“. Als wäre der „Reale“ ein ganz Anderer….
Zum Glück ist das in meinem Online/Offline-Leben eher die Ausnahme. Dennoch bin ich mir bewusst, dass etwas enden wird, wenn ich jemanden physisch treffe – und ich mache es nur, wenn ich dazu innerlich JA sagen kann.
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4 Kommentare zu „Wenn man sich trifft, endet eine virtuelle Beziehung“.