Manchmal kommt mir das jedenfalls so vor, wenn ich durch gar nicht so unbekannte Blogs surfe. Da finde ich sehr professionell daher kommende Projekte, deren hübsches Design Sorgfalt und einen Blick für’s Ergonomische demonstriert. Kundig platzierte Anzeigen nerven den Lesefluss nicht, die Navigation ist optimal und unter den Artikeln werden mir Social Bookmarking Buttons zu Hauf angeboten. Womöglich ist das XHTML weitgehend fehlerfrei, das CSS-Styling lässt Anfänger erblassen und modernste Widgets bieten so manchen reizvollen Mehrwert.
ABER – und das ist der Knackpunkt, der all diese Benefits drastisch entwertet – im Artikel, der mich angelockt hat, stimmt die Grammatik nicht, die Rechtschreibung ist weder alt noch neu, sondern ein fehlerhaftes Gemenge, das manches Mal eher als „Gestammel“ ‚rüber kommt. Da fehlen schon mal ganze Satzteile, ein Absatz endet ohne Punkt mitten im Satz – nicht selten geht das soweit, dass der Sinn des Textes stellenweise nicht mehr zu verstehen ist.
Leser vertreiben als Blogger-Sport
Als Leserin, die ja nicht wegen des Drumrums, sondern wegen des Inhalts gekommen ist, bin ich dann nicht nur kurz verärgert, sondern fühle mich regelrecht verarscht! Da steckt einer sein ganzes Herzblut in für meinen Besuch eher nebensächliche Aspekte, wogegen ihm der Artikel selbst nach dem Einstellen nicht ‚mal mehr das Durchlesen wert ist – andernfalls wären sinnentstellende Fehler ja aufgefallen! Ganz zu schweigen von einer üblichen Rechtschreibprüfung, die heute von nahezu jeder Software, mit der man schreiben kann, angeboten wird – auch das Eingabefenster meines WordPress-Blogs bemängelt durch rote Unterstreichungen zweifelhafte Wörter und bietet Alternativen an.
Es geht mir nicht um Pingeligkeit: ich habe selbst seit Einführung der neuen deutschen Rechtschreibung die frühere Sicherheit im Schreiben verloren und werde sie vermutlich in diesem Leben auch nicht wieder gewinnen. Dass aber Schreiben zum Radebrechen, zum stotterndem Sprachgewirr wird, erlebe ich erst, seit ich Blogs lese – und wohlgemerkt: nicht nur auf Katzencontent-Blogs, sondern auf sichtbar engagiert betriebenen Projekten mit kommerzieller Perspektive!
In all den vielen „Tipps zum erfolgreichen Bloggen“ wird geradezu beschwörend wiederholt: Content is King, auf den INHALT kommt es an! Dass dieser Inhalt, bzw. seine textliche Darstellung den Verfassern ziemlich schnuppe ist, kann man dann daran erkennen, wie wenig Mühe und Aufmerksamkeit auf korrekten Text verwendet wird. Vermutlich erscheint es viel dringlicher, die Charts zu studieren, die Adsense-Umsätze zu checken und die Technorati-Authority mit ein paar Kommentar-Links anderswo zu erhöhen als Energie mit so etwas Langweiligem wie Rechtschreibung und Grammatik zu verplempern.
Ein schwerer Fehler! Denn wenn mich eine Überschrift lockt, dann will ich vor allem den Artikel lesen – und nicht nur ein hingerotztes Machwerk vorgesetzt bekommen, dessen Bedeutung ich mir teilweise nur noch zusammen reimen kann. Solche Blogs besuche ich kein zweites Mal, egal wie professionell sie ansonsten wirken mögen.
Hier ein paar hilfreiche Links zum Test der eigenen Kenntnisse und zur Weiterbildung:
Kenntnistest Deutsch – der WAHRIG-Rechtschreibtrainer
Canoo.net – deutsche Wörterbücher und Grammatik
Rechtschreibübungen – Lückentests
Guter Stil, klare Sprache – 20 Handwerkstipps für Einsteiger
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4 Kommentare zu „Ist Rechtschreibung vorgestrig?“.