„Geld verdirbt den Charakter“, vermeldet F!XMBR in einem fulminanten Rundumschlag gegen Flattr und alle Flattr-User. Der Vorwurf: Man unterstütze rechte Gruppierungen, wenn man sie (als Betreiber) nicht vom System ausschließt, bzw. als User den Dienst weiter nutzt, obwohl dem so ist.
Ich halte diese Meinung für falsch. Ein Betreiber internationaler Dienste kann und soll sich nur an die Gesetze und seine AGB halten, wenn es darum geht, wer den Dienst nutzen darf und wer nicht. Verstößt eine Person oder Gruppierung mit eingebrachten Artikeln dagegen, kann man sie raus werfen, doch nicht, so lange sie sich rechtskonform verhalten, bzw. als Partei oder Gruppierung nicht verboten sind.
Genau SO würde ich an Flattrs Stelle auch verfahren: beim ersten Verstoß bzw. irgend einem «verhetzenden» Beitrag kicken!
Hausrecht versus Infrastruktur
Ansonsten sehe ich einen gewaltigen Unterschied zwischen einem Blog, das Kommentare moderiert/löscht, und einem allgemeinen Zahlungssystem bzw. Mega-Coms & Diensten wie FB und Twitter.
Ich unterstütze die NPD nicht, wenn ich das Geldsystem nutze, obwohl das auch Rechtsradikale tun (wer weiß denn, was eine große Bank alles für Kunden hat?). Und mit einem Klick auf einen Flattr-Button honoriere ich Blog-Artikel, die mir gefallen, nicht etwa die NPD, nur weil sie das System ebenfalls nutzt. Flattr ist für mich im übrigen keine irgendwie «kuschelige Community», in der sich Menschen gleichen Geistes treffen, sondern schlicht und ergreifend eine neue Infrastruktur, um Mikro-Spenden zu verteilen.
Ich kaufe auch in Läden und Supermärkten ein, obwohl das mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mir unliebsame Menschen mit politisch irren Ansichten tun. Und ich laste es auch dem Ladenbetreiber nicht an, dass er an jeden verkauft, der bezahlt und sich im Rahmen des Einkaufs an die Gesetze hält.
Die NPD ist nun mal bis heute nicht verboten, also LEGAL. Sie kann also «ganz normal» am allgemeinen Geschäftsleben teilnehmen, darf Webseiten betreiben, Druckschriften heraus geben, Angestellte haben, Wahlkampfkostenrückerstattung kassieren, das Geldsystem nutzen und vieles andere mehr. Die politische Auseinandersetzung mit solchen Gruppierungen sollte in einem Rechtsstaat nicht mittels «Rauswurf OHNE Gesetzesverstoß» stattfinden, sondern durch Information, Argumente und Gegendemos.
Und das ist gut so, denn: Wäre es anders, WO wäre denn jeweils die Grenze? Wer sollte entlang an welchen (konkreten!) Kriterien entscheiden, wer ein System nutzen darf und wer nicht?
Ach ja, und noch etwas: Wer meint, Geld verderbe grundsätzlich den Charakter, der hat schnell ein echtes Problem in unserer Waren- und Dienstleistungsgesellschaft. Selbst der Sozialstaat verteilt Geld – arme Charaktere, die da überall dran kaputt gehen!
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Siehe dazu auch
Ich als Nazi-Unterstützer?
Diskussion
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5 Kommentare zu „Unterstützt Flattr Rechtsradikale, weil sie das System nutzen?“.